Aus der Zusammenstellung einiger Bücher an meine liebe Cousine Emilia ist aus Versehen eine Hommage an einige der wunderbarsten Köpfe der (Literatur)welt geworden. Und als ich den Begleitbrief zur Büchersendung schrieb, fingen die Autoren plötzlich an, sich miteinander zu unterhalten. Sie stellten fest, dass sie mehr miteinander zu tun haben, als gedacht und luden daher gleich alle ihre Protagonisten ein, sich an der Party zu beteiligen. Um die Erkenntnis zu feiern, dass wir alle in der gleichen verrückten Welt leben....In diesem Sinne: kommt alle gern vorbei!
Liebste Emilia,
endlich erreicht dich meine Auswahl an Büchern, die ich dir unbedingt zum Lesen empfehle. Du findest hier auch zu jedem Buch eine kurze Erklärung. Vielleicht hilft sie dir zu entscheiden, welches Buch du als erstes und als nächstes lesen willst, je nach Stimmung und Kontext.
Daniela Krien: Die Liebe im Ernstfall
Lass uns mit Daniela Krien anfangen, „Die Liebe im Ernstfall“. Das Buch erzählt von 5 Frauen und den Lebensumständen, in die jede verstrickt ist. Jeder von ihnen ist eine Episode gewidmet, am Ende münden die Zusammenhänge in einem Stück wie es das Leben spielt. Die Sprache ist einfach, aber sehr elegant und sanft. Das Buch habe ich im Strandbad gelesen, es ist eine leichte Lektüre, aber die Geschichte und die Charaktere sind großartig komponiert.
Elena Ferrante: Tage des Verlassenwerdens
Wenn wir schon bei Frauenliteratur sind, darfst du nicht an Elena Ferrante vorbei. Sie ist die Königin weiblicher Emotionen, allerdings nicht so, wie wir es aus der Schundliteratur kennen. Sie choreographiert sie die Umstände und Zustände der Protagonistinnen so, das man Beklemmungen bekommt, aber nicht weiß, warum. Ferrante dringt in deine Seele ein und packt dein Herz, bevor du überhaupt reagieren kannst. Besonders eindrücklich tut sie das in „Tage des Verlassenwerdens“. Eine Frau, die mitten im Leben steht, in einer perfekten Harmonie aus Familie und Beruf, wird von ihrem Mann für eine andere verlassen. Banales Thema. Aber wie Ferrante den Prozess beschreibt, in dem die Frau schließlich ins absolute Chaos eskaliert und dabei fast den Verstand verliert, ist absolut einzigartig. Du legst das Buch erst weg, wenn es fertig ist, danach bist du emotional erschöpft und fassungslos und zerstört.
Paulo Coelho: Der Alchimist
Im Anschluss empfiehlt sich daher wieder leichte Schonkost: „Der Alchimist“wird dir helfen, wieder auf die Beine zu kommen und Mut zu schöpfen, dass jede noch so erdenklich aussichtslose Situation ihren Sinn in der Ordnung der Dinge hat. Die Zauberformel ist hier aber nicht Glaube, sondern Vertrauen. Hätte die arme Frau, die bei Ferrante verlassen wurde, doch nur dieses Buch gelesen, wäre sie vielleicht nicht so außer Kontrolle geraten….
Ajahn Brahm: Der Elefant, der das Glück vergaß
Aber Erkenntnis funktioniert auch mit Humor. „Der Witz ist das Loch, aus dem die Weisheit pfeift“, sagt ein altes fernöstliches Sprichwort, das kaum so gut auf jemanden zutrifft wie auf Ajan Brahm. Der buddhistische Mönch aus Großbritannien hat einst von seinem alten Lehrer die Kunst der Gelassenheit gelernt und weil Brahm von Haus aus ein irre witziger Typ ist, hat er die alten Erkenntnisse durch das genannte Loch geschickt. Heraus kamen lesenswerte Ratgeber zum Glück, unter anderem „Der Elefant, der das Glück vergaß“. Besser noch ist "Die Kuh, die weinte", muss ich aber an jemanden verliehen haben, der es besonders nötig hat, denn seither ist es verschwunden. Eine besonders schöne Lektüre, wenn man genug Dramen gelesen oder um sich versammelt hat oder einfach mal wieder was Kluges lesen will von jemandem, der sich mit Weisheit und Gelassenheit auskennt.
Peter Wohlleben: Das geheime Band zwischen Mensch und Natur
Würde man Peter Wohlleben fragen, wie man auf andere Gedanken kommt und dabei Glück erfährt, sagt er einem sicher: Geh mal in den Wald. Aber vorher lies mal meine Bücher, besonders „Das geheime Band zwischen Mensch und Natur“. Dann erkennst du die Dinge aus einer ganz anderen Perspektive. Und nimm am besten gleich dein Kind mit, das hilft dir, die Welt mit anderen Augen zu sehen und vielleicht über ein paar Dinge mal grundlegend nachzudenken.
Mariana Leky: Erste Hilfe
Und für wen all das zuviel Realitätsbezug und/oder zuviel Ratgeberei ist, wenn auch die weiseste Erkenntnis nicht hilft, dann muss man zu drastischeren Mitteln greifen. Mariana Lekys Bücher wie „Erste Hilfe“ wirken wie ein Antibiotikum gegen alles, was scheiße läuft. Man zieht sich die Geschichten rein, und wenn man es geschafft hat, sich mit den verstörten und gestörten Protagonisten einzurichten, überkommt einen die eigentümliche Einsicht, dass wir eigentlich alle einen an der Waffel haben – und es genau das ist, was das Leben schön macht.
Viel Freude im Kopf!
Herzlichst,
Anna
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