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  • AutorenbildAnna Henschel

Panorama, 1. Woche, Tessin

Tag 1 begann um 3 Uhr morgens und einem Date mit Katrin in der Stammkneipe meiner Jugend. Sie bestellt schon mal nen Salat, ich komme gleich, sag ich. Leider verirre ich mich dann aber in einem Casino…In Wirklichkeit beginnt Tag 1 mit dem Wecker um 7 Uhr morgens bei meinen Eltern am Bodensee und der Erkenntnis, dass wir nicht wie geplant nach Briancon fahren können. Es regnet und ist mit 10-12 Grad im Sommer einfach übertrieben kalt. Das entspricht nicht der Komfortzone eines Reisebeginns.

Aber wir sind flexibel und entscheiden uns, der Sonne zu folgen, oder zumindest mal, dem Regen weitestgehend aus dem Weg zu gehen. Daher auf zur Sonnenterrasse der Schweiz, ins Tessin. Dort waren wir schon oft, kennen uns gut aus und wissen, wo wir gut klettern können. Die interessanteste Frage, die sich bei einem Trip ins Tessin stellt, ist aber: wo übernachtest du, wenn du nicht gleich 30% deines gesamten Hochzeitsreisebudgets bereits innerhalb einer Woche im Schlund der hochpreisigen Campingplätze versenken möchtest? Kann ja wohl nicht so schwer sein, mag der unerfahrene Wildcamper meinen. Doch genau auf diese armen Seelen, die sich einen schönen Platz zum Übernachten ausgesucht haben, möglicherweise direkt am Fluss oder in einer einladenden Bucht lauern die Schweizer Behörden. Sie setzen an und fangen an 200 Franken pro Kreislauf zu saugen. Da hilft auch kein Knoblauch oder Kruzifix. Kennen wir alles aber nur aus Geschichten und mußten es Dank Christians Vorsichtsmaßnahmen glücklicherweise bisher noch nicht erleben. Wir übernachten dort, wo nur Menschen vorbeikommen, die uns besuchen und eher Dinge mitbringen, als sie uns wegzunehmen. Wie beispielsweise Laure und Micha, mit denen wir eine tolle, wenn auch leider nur sehr kurze Zeit verbracht haben. Der tinnitusartige Ruf der Pflichten daheim war für beide leider nicht zu überhören. Oder Evi und Luki, mit denen wir uns den Luxus einer Übernachtung auf dem Piccolo Paradiso, einem 4-Sterne-Campingplatz in Ponte Brolle gegönnt haben, inklusive Sonnenbad und barrierefreien Zugängen zu Warmwasser und anderen Annehmlichkeiten, die wir seit einer Woche entbehren, aber auch nicht wirklich vermissen.

Die Wege zwischen Fels und Schlafplatz waren weit, wir haben innerhalb einer Woche einen Drittel Tank verbraucht. Klettern waren wir nur in homöopathischen Dosen, Chrissie schont seinen Finger, ich meinen Zeh. Ein besonderes Highlight war ein Spaziergang, der sich recht bald zu einer beachtlichen Wanderung von 6 Stunden ausgedehnt hat, die uns nach 4 Regenschauern, 3 Zecken und 2 Rehen schließlich zu einer Hochebene führte, auf der die Welt ein Dorf namens Morella vergessen hatte. Ein paar wenige Aussteiger haben sich dieses Biotop erobert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich dort Magie abspielt, denn dort kann man beobachten, wie die Wolken von Geisterhand entstehen. Dieses Spektakel war das Foto der Woche wert.





Wenn wir mal groß sind, wissen wir auf jeden Fall, wo es hingeht.

Die erste Woche neigt sich dem Ende entgegen, es ist Sonntag, der 10. Juni 2018; das Wetter ist sonnig und wolkenfrei, bei 22 Grad; Chrissie und Anna völlig entspannt. Evi und Luki reisen heute ab, wir auch, nur in die andere Richtung, ins Val Pennavaire (Oltrefinale), nahe Albenga, wo uns wenigstens das gute Wetter treu zu bleiben scheint (in Frankreich baut Macron bereits an der Arche, so viel wie es da regnet). Alles andere bleibt spannend - und wir flexibel.




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